Peter Kemper

Wie die Ukulele die Welt erobert

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Erschienen 2017

Bosworth Edition

400 Seiten
ISBN: 978 3 86543 947 5

Große Monographie zu
einem kleinem Instrument

Noch ein Tipp:

Nur für den Fall, dass Sie wissen wollen, wie sich das Werk in unserer Welt liest ...

Ich zog das Buch aus meinem Bücherschrank und schrieb die Rezension, denn ich ging davon aus, dass eine so gutes und umfangreiches Werk nach nach vier Jahren sicher noch ein aktiver Verlagstitel ist.
Doch leider haben die Verwerfungen im Buchhandel in den letzten zwei Jahren dazu geführt, dass es nur noch antiquarisch zu erhalten ist. Doch das ist immerhin besser als gar nichts. Darum will ich das Buch vorstellen – trotzdem, aber ohne Shoplink.

 

Ich bin ein begeisterter Ukulespieler. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich auch ein Virtuose bin, ganz sicher nicht. Doch ich liebe Ella, meine kleine Ukulele. Wenn ich beim Schreiben nicht weiterkomme, kann ich mit ein paar Akkorden auf ihr mein Gehirn wieder entkrampfen. Nach dem Tod meiner Frau vertreibt sie mir die Stille, wenn sie mich zu erschlagen droht und sie ist ein Ventil für meine Gefühle. Das alles kann grundsätzlich auch jedes andere Instrument von der Pikoloflöte bis zur Kirchenorgel mit mehr 50 Registern. Doch kaum ein Instrument kommt dem Lernenden so weit entgegen. Vollmundige Versprechen auf Youtube, man könne in 10 Minuten das Instrument lernen, sind nicht völlig von der Hand zu weisen, auch wenn man dann doch noch mehr Zeit investieren muss.

Das Buch ist dich, fast so dick wie meine Ukulele und beinahe ebenso schwer. Kann man so viel Buch mit Ukulele füllen?

Oh ja! Man kann und man kann es sehr gut, wenn man so viel Wissen rund um den „hüpfenden Floh“ (so die Übersetzung des Wortes aus dem Hawaiianischen) angesammelt hat, wie Peter Kemper. Heraus kam eine ziemlich komplette Kulturgeschichte der Miniklampfen. Die Kapitel lesen sich angenehm und springen immer wieder mal auf der Zeitachse vor oder Zurück. So beginnt es beispielsweise mit etwas, was für mich neu war: Auch die Beatles spielten mit Freude und Geschick Ukulele. Die Entstehung der Kleinen Viersaiter aus der Symbiose portugisischer und polinesischer Einflüsse wird natürlich ausführlich beleuchtet, aber auch die Roaring Twenties, in der so viel in Bewegung kam und auch die Ukulele es zu großer Beliebtheit schaffte. Ziemlich in der Mitte des Buches findet sich eine gute und ausführliche Darstellung der Instrumente selbst, Bau, Hölzer und ihr zusammenwirken auf den Klang beleuchtet ein schönes und langes Interview mit gleich vier herausragenden Ukulelenbauern. Eine wunderbare Idee, „trockenen Stoff“ leserfreundlich zu präsentieren.

Den Hauptteil des Buches aber nehmen die vielen Frauen und Männer ein, deren Ukulelespiel die Welt freundlicher und heiterer machte. Die Liste ist lang. Manche hat man auf dem Radar, Marilyn Monroe zum Beispiel oder Elvis Presley. Auch Israel Kamakawiwo’ole kennen viele, seit er mit „Somewhere over the Rainbow“ und seinem zu frühen Tod bekannt wurde. Jake Shamabokuro kennen auch noch viele als großartigen Virtuosen und Interpreten von viele Stücken der Pop- und Rockmusik, mit denen er die Grenzen der Ukulele-Literatur ein gutes Stück weit verschob, nicht ohne dafür auch Kritik einzustecken. Aber kennen Sie George Hinchcliffe? Vielleicht doch, wenn Sie wissen, dass er das hinreißende „Ukulele Orchestra of Great Britain“ gründete. Götz Alsmann wird gewürdigt, Stan Laurel und Oliver Hardy u nd natürlich ihre Majestät, Königin Lili’uokalani, der letzten Monarchin von Hawaii, der wir „Aloa ‘Oe“ verdanken.

Es sind noch so viele mehr, die das kleine Instrument spielten und so die Menschen froh machten. Das ist nämlich das Geheimnis der Ukulele – es ist ein echtes Gute-Laune-Instrument. So sind die vielen, vielen Virtuosen dieses kleinen Krachmachers vielleicht keine großen Weltverbesserer, aber wenn sie den Hörern Spaß machen und ein Lächeln entlocken machen, dann ist das mehr als manch ein Militärorchester mit viel Tschingdarassa-Bumm schafft. Das kleine Instrument ist freundlich und friedlich. Auch das ist eine Botschaft des Buches. In sofern finde ich den Titel vielleicht nicht optimal gewählt.

Was soll ich als Autor in handwerklicher Hinsicht zu dem Buch sagen? Peter Kemper war jahrelang Musikredakteur beim Hessischen Rundfunk und schreibt eine gefällige Feder, schlicht und ohne Schnörkel. Sehr viel bemerkenswerter ist die herausragende Rechercheleistung, selbst wenn bei der Fülle der Daten vielleicht der eine oder andere Fehler stecken könnte. Die Aufbereitung für den Leser erscheint ein wenig wirr, doch ist eine Gliederung nach starrem Schema wirklich nötig? Auch bei der Ukulele sind die Saiten nicht nach Tonhöhe auf- bzw. absteigend sortiert und sie klingt gerade darum so einzigartig. So hat diese Monographie eher den Charakter eines unterhaltsamen und gut illustrierten Lesebuchs. Am Informationswert ist aber nichts auszusetzen.

5.3.2021

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