Gina Greifenstein:

Spectaculum

* ** *

Erschienen 2019

Leinpfad Verlag

ISBN: 9783945782484

Seiten: 291

 

sympathischer Regionalkrimi aus der Südpfalz mit sympathischem Team

Noch ein Tipp:

So schmeckts im Krimi ... Pfälzische Köstlichkeiten als Häppchen serviert!

Gina Greifenstein hat freundlicherweise meine Fragen bei meinem

Quizz 5 x 5 beantwortet.

Da ich selbst ja auch Regionalkrimis schreibe, bin ich an diesem Genre besonders interessiert. Weil ich die speziellen Herausforderungen und Schwierigkeiten bei diesen manchmal unterschätzten Büchern kenne, bin ich vielleicht gerade hier besonders kritisch. Dieses Buch schenkte mir mein Vetter, ich habe es gelesen, geprüft und beurteilt  und ... es ist ein feines Krimidebut!

Der Leser lernt Paula Stern, die Hauptfigur, in mitten von Kisten beim Einzug in ihre Wohnung kennen. Bisher war sie Kriminalkommissarin in München, doch nun beginnt sie ein neues Leben in Landau in der Südpfalz – auch um Abstand von ihrem Ex zu bekommen.

Der Start ins neue Revier ist nicht frei von Pannen. Statt eine Woche zum Einrichten zu haben, kann sie nur die Kaffeemaschine in Betrieb nehmen, dann muss sie schon zu einer Leiche eilen, wo man aber einen Paul Stern erwartet – ein dummer Schreibfehler sorgt für die Geschlechtsumwandlung. Auch die Einweisung ist recht lückenhaft: Der Fundort sei „auf der Landeck“. Dass dies die Burg Landeck über dem schönen Ort Klingenbach ist, muss Paula erst erfragen und ebenso den Weg dorthin.

Auf der Burg trifft sie ihren Kollegen Bernd Keeser, ein Pälzer Bub und Original, der schon mit den Ermittlungen angefangen hat – mitten in einem Mittelalterfest. Die Leiche war einer der Geschichtsdarsteller. Er wurde von einer Mauer gestürzt. Dass der Fall nicht zufällig erfolgte, zeigt ein Wunde im Rücken. Der Dialekt der Kollegen und die Tatsache, dass Paula noch keinen Dienstausweis hat, macht den Beginn der Ermittlungen nicht leichter. Ihr Kollege Keeser erweist sich aber als liebenswürdiger Gentleman, der ihr über die Anlaufschwierigkeiten hinweghilft.

So beginnen nicht nur die Ermittlungen um das plötzliche Ableben des Scheidungsanwalts Kaltwein, daneben startet Käser auch ein eher privates Projekt. Er macht es sich zur Aufgabe, seine neue Kollegin in die pfälzische Landeskultur und vor allen die Regionale Küche einzuführen. So verfolgt der Leser schlemmende Detektive, die rasch zu einem guten Team zusammenwachsen.

Paula ist eher der dynamische Typ und ist nicht von ungefähr bevorzugt mit ihrem Motorrad unterwegs. Keeser hingegen ist eher gemütlich. Beide aber sind durchaus scharfsinnig und ergänzen sich gut. So sind sie dem Fall durchaus gewachsen, auch wenn es da etliche Verdächtige gibt. Männer, die von ihren Exfrauen geschröpft werden und dem toten Scheidungsanwalt die Schuld daran geben, ein Sohn, der viel von Luxus und wenig von Leistung hält, Rivalen in der Mittelalterszene, seine eigene Exfrau und sogar gehörnte Ehemännerstehen zur Auswahl. Und dann geistert da noch der Ex von Paula herum, der nicht glauben will, dass die Beziehung zu Ende ist.

Das Buch „lutscht sich“ angenehm weg und macht Laune. Die Figuren sind schön gezeichnet und lebendig. Vor allem der gute und wohldosierte Einsatz von Dialekt macht viel Spaß. Des Pälzisch is so was bsunnersch! Das richtig einzusetzen, ist durchaus nicht einfach, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Es fördert die Authentizität ungemein, doch andererseits muss man auf dialektunkundige Leser Rücksicht nehmen – ein gefährlicher Ritt auf der Rasierklinge, der hier aber gut gelöst ist. Auch die Schauplätze sind schön anschaulich. Da eines meiner Patenkinder nicht weit von Landau lebt, kenne ich viele der Lokalitäten aus eigener Anschauung und kann versichern, dass meine Kollegin Land und Leute sehr treffend eingefangen hat.

Ein paar verzeihliche Abstriche muss man wohl beim Realismus der Polizeiarbeit machen, doch das ist den Notwendigkeiten der Erzählung geschuldet.

Ein wenig abgegriffen ist die Idee, der lokalen Küche so viel Raum einzuräumen. Man hat manchmal den Eindruck, die Ermittlung wird von den Schlemmereien zusammengehalten. Dabei funktioniert der Plot durchaus auch ohne die kulinarischen Ausflüge. Doch wenn eine Köchin und Kochbuchautorin (Das ist sie nämlich auch!) einen Krimi schreibt, muss man das wohl hinnehmen, zumal zumindest mir oft der Mund wässrig wurde. Es hält zwar ein wenig auf, wenn die Helden schon wieder die Gabeln schwingen, dem Plot ist es aber nicht wirklich abträglich.

Das Grundgerüst der Geschichte ist solide, aber leider nicht aus dem Schauplatz, aus Land und Leuten entwickelt. All das könnte in Oldenburg genauso spielen oder Bamberg. Natürlich ist es nicht einfach, eine Geschichte zu erzählen, die so nur in genau dieser Gegend spielen kann und nirgend wo sonst. Doch das ist eben der Unterschied zwischen nur "gut" und "sehr gut". Doch – ich weiß! Das ist Jammern auf hohem Niveau.

So ist es ein durchaus feiner Unterhaltungsroman, ein gelungener Start einer schönen Krimireihe und ein paar Stunden angenehmes Vergnügen, das im  Buchdeckel klemmt. Das muss man erst mal schaffen. Fast hätte es für die volle Punktzahl gereicht – trotzdem kann ich das Buch mit Freude weiterempfehlen. 

Spektaculum ist der Auftakt einer schönen Krimireihe und inzwischen ermitteln Käser und Stern in mehreren Fällen auch beim Emons-Verlag. Bald sogar mit einem neuen Buch. Ich freu mich drauf.

 

Hier noch der Link zur sehr gelungen Website von Gina Greifenstein:

25.3.2021

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