Hedwig Maria Stuber
Ich helf Dir Kochen
* * * * *
erschienen erstmals 1955
aktuelle 50. Auflage 2021
BLV-Verlag
539 Seiten
ISBN 9783835418738
Das Kochbuch für alle Lebenslagen

Noch ein Tipp:

Tolle Rezepte aus dem Rom der Kaiserzeit, manchmal dekadent, manchmal verrückt und dann wieder ganz einfach und lecker!
Manche Bücher haben eine gewisse Familientradition. Bibeln zum Beispiel, aber nicht nur die. Auch Kochbücher haben das bisweilen. Die „Stuber“ kenne ich seit Kindertagen. Sie stand im Küchenschrank im Eck, später, als meine Mutter ein großes Gewürzbord hatte, auf diesem, rechts an der Seite. Gewissermaßen war es die Küchenbibel meiner Mutter. Ich vermute, das Buch war ein Hochzeitgeschenk. Wenn es so war, dann war es ein sehr nützliches Geschenk. Als ich mich anschickte, von zuhause auszuziehen, bekam ich das Buch in der damals aktuellen 29. Auflage. Es war ein wenig moderner, die Rezepte ein wenig internationaler und leichter, doch es war im Grundprinzip nach wie vor das selbe Buch. Nun verschenke ich das Buch in der 50. Auflage und wiederum hat es sich verjüngt.
Ich kenne viele Kochbücher, doch nur wenige fand ich so rundum gelungen, wie dieses.
Über den langen Zeitraum von inzwischen 66 Jahren hat sich das Buch immer weiterentwickelt und ist mit der Zeit gegangen. So ist es immer das was es war, als meine Mutter es geschenkt bekommen hat: Ein Grundkochbuch, dessen Titel kein leeres Versprechen ist.
Grundkochbuch heißt nicht unbedingt Kochbuch für Anfänger. Aber es ist ein Kochbuch, mit dem man das Kochen beginnen und erlernen kann, mit ihm die eigenen Fertigkeiten an Pfanne und Topf verfeinern kann, bis man ein endlich ein Küchenfuchs ist, der nur mehr gelegentlich etwas nachschlagen muss.
Wenn ich auf alle Rezeptbücher verzichten müsste, bis auf eines, dann wäre meine Wahl die „Stuber“. Was ist denn das besondere?
Es sind eigentlich nur wenige Merkmale, die das Buch auszeichnen, die aber sind herausragend wichtig:
Die Rezepte des Buches sind gelingsicher. Es mag raffiniertere Möglichkeiten geben, einen Kaiserschmarrn zuzubreiten oder ein Roastbeef oder einen Karpfen blau. Aber die Rezepte hier funktionieren. Frau Stuber und ihre Tochter entwickelten die Rezepte so lange, bis sie sicher gelingen, auch wenn dabei einmal 5 Sachertorten in einer Woche gebacken wurden und keiner sie mehr essen mochte. .Sie verzichten auf Chi-Chi ebenso auf wie auf ganzseitige Fototafeln, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Aber wenn man sich an ein Rezept aus dem Buch versucht und sich nicht allzu dumm anstellt, bekommt man ein sehr brauchbares Ergebnis auf den Tisch. Anderswo kann man sich noch einige Kniffe und Feinheiten abkucken, hier aber lernt man die Basics mit Rezepten, die nicht frustrieren. Das ist sehr viel wert.
Der zweite Vorteil des Buches ist seine Vollständigkeit. Gut – wie man Teewasser zu kochen hat, steht nicht darin. Aber von der Suppen über allerlei warme und kalte Vorspeisen, Beilagen und Gemüsegerichte, Fleisch und Wild, Fisch, Salate, süße und herzhafte Backwaren und Desserts und Süßspeisen bis hin zu Getränken ist aus allen Bereichen reichlich Auswahl geboten.
Auch die Methodik ist überzeugend. Das einfachste wie Salz- oder Pellkartoffeln wird ebenso aufgeführt wie anspruchsvolleres wie beispielsweise selbstgemachte Frischeipasta oder eine gefüllte Kalbsbrust. Immer wieder stößt man auf Grundrezepte, auf denen andere Aufbauen. Immer wieder sind kurze, aber gut verständliche Abschnitte eingestreut, die einzelne Garmethoden oder Gerichtefamilien beschreiben. Das Augenmerk liegt immer auf dem Selbermachen. Wenn man von ganz einfachen Helferlein wie Tomatenmark absieht, wird kaum auf Convenienceprodukte hingewiesen. Auch eine ausführliche Warenkunde zu Beginn und eine Nährwerttabelle zum Schluss fehlen nicht.
Anfänger lernen so alles Wichtige und fortgeschrittenere Köche wie ich sehen immer wieder gerne nach, wenn es gilt, etwas zu kochen, zu braten oder zu backen, worin man noch unerfahren ist.
Natürlich ist die Menge der Rezepten der Welt gigantisch. Selbst ein dickes Buch kann nicht annähernd Speisen berücksichtigen. So ist es immer noch, was es einmal war: ein vor allem deutsches Kochbuch in der Tradition der gutbürgerlichen Küche. Das Rezeptprogramm hat sich, wie auch der allgemeine Geschmack erweitert. So sind auch viele Mediterran geprägte Gerichte zu finden. Exotisches wie Sushi oder Thai-Curry sucht man hier leider vergebens und auch der Hamburger fehlt. Dennoch ist die Auswahl reichlich.
Vegane oder vegetarische Küche ist kein eigenes Thema, auch wenn man aus vielen fleischlosen Gerichten wählen kann. Auch dies und die recht vielen Fleischrezepte sind wohl noch ein Atavismus aus dem Konzept der Fünfzigerjahre.
Dennoch ist es ein sehr gut geschnürtes Paket mit vielen Rezepten und inzwischen auch einem Satz sehr instruktiver Lehrvideos, die man über einen QR-Code abrufen kann. Doch die sind nur die Kirsche auf dem Sahnehäubchen obendrauf.
Kochen kann man sich selbst beibringen und dieses Buch hilft dabei. Ich schrieb oben, dass ich dieses Buch wählen würde, wenn ich auf alle Rezeptbücher der Welt ansonsten zu verzichten hätte. Doch das müssen wir aber zum Glück nicht. Andere Bücher sollen ruhig die Themen behandeln, die die Stuber zu knapp behandeln musste. Doch man wird immer wieder im Zweifel auf die Stuber zurückgreifen.
Auch nach mehr als 65 Jahren ist es immer noch ein herausragendes Kochbuch. Auf das Fundament, dass dieses Buch legt, kann man aufbauen und so ziemlich alles kochen. Darum lege ich es mit fünf Sternen allen ans Herz, die lernen wollen, den Kochlöffel zu schwingen.
31.5.2021
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