Nicola Förg:
böse Häuser
* * *
2021
Pendo
315 Seiten
ISBN 9783866124974
routinierter Heimatkrimi zwischen Werdenfelser Land und Allgäu
Noch ein Tipp:
Der belgische Meisterdetektiv
macht Urlaub.
Ich habe lange gezögert, ob ich den Roman rezensieren soll, denn ich kann ihn leider nur in Teilen loben. Dabei schätze ich die Kollegin sehr. Nicht nur wegen ihres Engagements für den Tier- und Naturschutz, sondern weil sie eine der Autorinnen war, die vor rund zwanzig Jahren die Tür zu einem neuen Genre aufgestoßen hat, dem Heimat- oder Regionalkrimi. Davon profitiere auch ich. Und nun lese ich ihr jüngstes Buch, das mir der Verlag zukommen ließ und stelle fest, dass ich von der Geschichte leider nicht begeistert bin.
Kriminalkommissarin Irmi Mangold will ein Haus kaufen, einen Bauernhof bitte. Rund um Garmisch ist nichts zu finden, was man bezahlen kann, also sucht sie in Bayerns wildem Westen, im Allgäu, und besichtigt am Auerberg ein einsames Anwesen. Genau bei diesem Termin wird ein anderer Interessent direkt neben ihr erschossen. Und sie ist mitten drin in einem neuen Fall.
Der etwas kauzige Gerhard Weinzierl, der zuständige Kommissar aus Weilheim übernimmt den Fall und die beiden arbeiten nun zusammen. So spannt Nicola Förg die beliebten und bekannten Protagonisten von ihren zwei vielbändigen Krimireihen zusammen, kein schlechter Kunstgriff.
Zu ermitteln gibt es auch allerhand. Da ist vor allem zunächst das Opfer im Fokus, ein Händler von PS-starken Luxusautos. Beim Ausleuchten seines Hintergrundes stellen die Ermittler fest, dass er vor Jahren einem sehr jungen Mann ein allzu starkes Auto vermietet hat. Damals kam bei einem illegalen Rennen mit diesem Wagen ein kleines Mädchen zu Schaden und sitzt seither im Rollstuhl.. Dessen Vater, seit her ein verstörter Mann, wirft das den Autohändler vor. Auch andere Spuren gibt es. Der Besitzer des Hofes zum Beispiel ist ein rätselhafter Mann, der sich nicht in die Karten sehen lassen will.
Viele Fäden weben ein sonderbares Netz der Verbindungen, dessen Zentrum immer wieder dieser Hof am Auerberg ist, ein Haus mit kalter, bösartiger Ausstrahlung. Es dauert lange, bis die Ermittler den passenden Faden finden, mit dem sie das komplizierte Gewebe aufdröseln können.
Soweit könnte es ein tolles Leseabenteuer sein, auf das man sich gerne und willig einlässt. Dennoch war mein Eindruck leider getrübt. Es ist mein erster Roman aus der Feder von Nicola Förg, den ich las. Ich war also unvertraut mit beiden Protagonisten, die man mir nicht vorstellte, ebensowenig wie viele der wichtigen Nebenfiguren. Ich halte viel vom mündigen Leser, doch es gibt einen Unterschied, ob man sich überfürsorglicher Erklärwut ausgesetzt sieht oder sich allein gelassen fühlt. So ist es ein Buch für eingeweihte Leser. Ein wenig Rücksicht auf die, die die Reihen nicht kennen, wäre schön gewesen.
Dieses Defizit konnte man mit aufmerksamem Lesen im Laufe der Zeit aufholen. Anders fand ich fragwürdig, je weiter ich in der Geschichte weiter las. Mit Kommissar Zufall ist natürlich immer zu rechnen. Doch wie sich hier um den Auerberg Schicksale kristallisieren, Lebenslinien kreuzen und verschiedene Handlungsstränge an einem Ort zur selben Zeit treffen, das ist kein Zufall mehr, den ich glauben kann. Hier spielt Frau Förg zu deutlich Schicksal. So entsteht zwar ein komplexer Plot, doch leider kein plausibler. Die Motive sind es nicht, nur die Verstrickung. Too much!
Das Buch ist auch eigentlich kein Heimatkrimi. Er spielt zwar im Alpenvorland, die Figuren sind auch dort verwurzelt, doch der Plot braucht den Bezug zum Schauplatz nicht. Er würde auch im Sauerland funktionieren oder in der Mecklenburger Seenplatte. So sprechen die Figuren nur selten Mundart. Das finde ich besonders darum schade, weil genau in diesen Szenen die Atmosphäre plötzlich sehr viel wärmer und stimmiger wurde. Schön und sensibel fand ich viele Beschreibungen von Eindrücken. Besonders, wie immer wieder Häuser bei Frau Förg mehr werden als bewohnte Immobilien, gefiel mir. Dass das Gefühls- und Liebesleben ein wenig zu breit vor dem Leser offengelegt wurde, fand ich nicht notwendig und dem Tempo nicht sehr zuträglich. Doch das ist vielleicht nur meinem Wunsch geschuldet, das Krimirätsel rasch zu lösen und ich will es dem Buch nicht ankreiden.
Denn spannend war es dennoch. Viele der Figuren waren toll angelegt und erschienen bunt und quicklebendig auf der Leinwand des Kopfkinos. Die Sprache fand ich ungekünstelt, glatt und wunderbar flüssig zu lesen. Auch genug schöne Stellen fand ich, feine Beobachtungen und einen sehr spannenden Showdown.
Trotzdem komme ich, wenn ich alles nun mit etwas Abstand betrachte, leider nicht über 3 Sterne hinaus. Für Fans von Mangold und Weinzierl sicher eine echte Leseempfehlung, für andere Krimifans ein brauchbares Lesefutter.
Nur begeistern ... Nein, begeistern konnte mich das Buch leider nicht.
20.3.2021
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